Insektenfreundlicher Garten: Wie wir mit einfachen Mitteln die Artenvielfalt retten können

wilder garten

Der dramatische Rückgang der Insektenpopulationen ist längst kein Randthema mehr. Studien belegen, dass in den letzten Jahrzehnten in Deutschland bis zu 75 Prozent der Biomasse an Fluginsekten verschwunden ist. Dabei sind Insekten für Ökosysteme unverzichtbar: Sie bestäuben Pflanzen, dienen als Nahrungsquelle für Vögel und andere Tiere und tragen zur Bodenqualität bei. Während politische Maßnahmen oft zögern, liegt es an uns, aktiv zu werden – etwa durch die Gestaltung eines insektenfreundlichen Gartens.

Guerilla-Gärtnerin im Einsatz für die Insektenvielfalt

Ein inspirierendes Beispiel dafür liefert eine Guerilla-Gärtnerin aus Hannover, die im Artikel des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) porträtiert wird. Auf Brachflächen, Mittelstreifen und vergessenen Randzonen sät sie heimische Blumen aus, stellt kleine Insektenhotels auf und verwandelt kahle Areale in lebendige Biotope. Ihr Ziel: den Rückgang der Insektenvielfalt nicht tatenlos hinnehmen, sondern mit Kreativität und Engagement entgegenwirken.

Diese Form des zivilgesellschaftlichen Aktivismus zeigt, dass auch ohne große Mittel viel erreicht werden kann. Privatgärten bieten ebenso enormes Potenzial. Mit dem richtigen Wissen und ein wenig Einsatz können sie zu echten Schutzinseln für Insekten werden.

Was macht einen Garten insektenfreundlich?

Ein insektenfreundlicher Garten ist ein naturnaher Lebensraum, der bewusst auf Vielfalt und Nachhaltigkeit setzt. Statt auf sterile Rasenflächen und exotische Zierpflanzen zu setzen, geht es darum, heimischen Arten Nahrung, Unterschlupf und Fortpflanzungsmöglichkeiten zu bieten.

Dazu gehört vor allem der Verzicht auf chemische Pestizide und Mineraldünger. Diese stören nicht nur das Bodenleben, sondern können auch direkt Insekten wie Bienen, Käfer oder Schmetterlinge schädigen. Auch die Struktur des Gartens spielt eine Rolle: Vielfältige Pflanzenhöhen, Blühflächen, Hecken, Steinhaufen und offene Bodenstellen sorgen dafür, dass unterschiedliche Arten passende Mikrohabitate finden.

Die richtige Pflanzenauswahl: Bunt und heimisch

Eine zentrale Rolle spielt die Auswahl der Pflanzen. Heimische Wildpflanzen sind optimal an die Bedürfnisse einheimischer Insekten angepasst. Viele exotische Zierpflanzen dagegen bieten keinen oder nur wenig Nektar und Pollen.

Für eine durchgängige Blühte über das Jahr hinweg sollten Pflanzen mit gestaffelter Blühtezeit gewählt werden:

  • Frühjahr: Krokusse, Schneeglöckchen, Lungenkraut
  • Sommer: Wiesen-Salbei, Margeriten, Flockenblumen
  • Herbst: Astern, Herbst-Anemone, Rainfarn

Auch Nutzpflanzen wie Schnittlauch, Thymian, Minze oder Bohnenkraut sollten blühen dürfen. Ihre Blüten sind beliebte Anlaufstellen für Bienen und Schmetterlinge.

Lebensräume schaffen: Nistplätze und Unterschlupf

Neben Nahrungsangeboten brauchen Insekten Rückzugsorte. Wildbienen nisten gerne in offenen Bodenstellen, Totholz oder Pflanzenstängeln. Wer verblühte Stauden stehen lässt oder einen Totholzhaufen im Garten duldet, schafft wertvolle Strukturen.

Insektenhotels bieten künstliche Nistmöglichkeiten. Dabei ist Qualität wichtiger als Quantität: Hartholz mit gebohrten Löchern, Schilfrohr oder Tonziegel eignen sich gut. Wichtig ist ein wettergeschützter Standort mit viel Sonne.

Auch Steinhaufen, Mauerritzen oder offene Sandflächen bieten Unterschlupf. Je abwechslungsreicher der Garten, desto mehr Arten werden sich dort ansiedeln.

Wasserstellen: Trinken und überleben

Gerade in trockenen Sommern sind Wasserquellen für Insekten lebenswichtig. Eine flache Schale mit Steinen oder Moos bietet nicht nur eine sichere Trinkquelle, sondern zieht auch Libellen und Wasserwanzen an. Wichtig ist, das Wasser regelmäßig zu erneuern, um Mückenlarven zu vermeiden.

Pflege mit Bedacht: Weniger ist mehr

Ein insektenfreundlicher Garten braucht keine aufwändige Pflege. Vielmehr bedeutet naturnahes Gärtnern, der Natur ihren Lauf zu lassen. Verblühte Pflanzen sollten erst im Frühjahr entfernt werden, da sie Insekten als Winterquartier dienen.

Unordnung darf sein: Laubhaufen, nicht gemähte Ecken oder üppig wuchernde Bereiche sind kein Makel, sondern wertvolle Lebensräume. Auch auf Beleuchtung sollte geachtet werden. Viele Insekten werden durch künstliches Licht irritiert. Bewegungsmelder und warmweiße LEDs helfen, Lichtverschmutzung zu reduzieren.

Balkon und Terrasse: Kleine Flächen mit großer Wirkung

Auch wer keinen Garten hat, kann helfen. Auf Balkonen und Terrassen lassen sich Töpfe und Kästen mit Wildpflanzen bestücken. Besonders geeignet sind z.B. Glockenblumen, Katzenminze oder Lavendel. Hängende Blumentöpfe oder vertikale Begrünung mit Kletterpflanzen schaffen zusätzlichen Raum.

Mini-Insektenhotels oder Niströhren lassen sich einfach anbringen und werden schnell angenommen. Wichtig ist auch hier: Keine Pestizide und ausreichend Sonne.

Jeder Beitrag zählt

Die Geschichte der Guerilla-Gärtnerin zeigt eindrucksvoll, wie Einzelne eine große Wirkung erzielen können. Ihr Engagement inspiriert dazu, selbst aktiv zu werden – sei es im eigenen Garten, auf dem Balkon oder in der Nachbarschaft.

Wenn viele Menschen kleine Flächen naturnah gestalten, entstehen daraus große Lebensräume für bedrohte Insektenarten. Es braucht nicht viel: ein wenig Wissen, ein paar heimische Pflanzen, Geduld und die Bereitschaft, die Natur wieder einziehen zu lassen.

Denn eines ist klar: Ohne Insekten bricht unser Ökosystem zusammen. Mit einem insektenfreundlichen Garten setzen wir ein Zeichen für die Zukunft – und machen unseren Lebensraum bunter, lebendiger und lebenswerter.

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