
Deutschland steckt mitten in einer tiefgreifenden Wohnungsnot. In vielen Regionen, insbesondere in Ballungszentren wie Berlin, München oder Hamburg, ist bezahlbarer Wohnraum knapp geworden. Wohnungssuchende stehen zunehmend unter Druck, während Mieten weiterhin steigen. In diesem angespannten Marktumfeld nutzen manche Vermieter und Makler legale Grauzonen oder fragwürdige Methoden, um die Mietpreisbremse zu umgehen oder zusätzliche Gebühren zu erheben. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen der Wohnungsnot, gängige Tricks im Mietmarkt, die Wirkung der Mietpreisbremse und was politisch wie rechtlich gegen die Missstände getan werden kann.
Die aktuelle Wohnungsnot in Deutschland
Der deutsche Wohnungsmarkt leidet unter einem massiven Angebotsdefizit. Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) werden bis 2030 jährlich rund 320.000 neue Wohnungen benötigt. Besonders betroffen sind Großstädte, Universitätsstädte und wirtschaftlich starke Regionen. Hier trifft eine hohe Nachfrage auf ein zu geringes Angebot.
Der Wohnungsneubau hinkt hinterher. Steigende Baukosten, Fachkräftemangel im Handwerk und langwierige Genehmigungsverfahren bremsen die Bautätigkeit. Auch Flächenknappheit und Widerstände gegen Nachverdichtung in den Kommunen spielen eine Rolle. Hinzu kommt, dass Investoren oft hochpreisige Eigentumswohnungen statt bezahlbarer Mietwohnungen errichten.
Maklertricks und Umgehung der Mietpreisbremse
In diesem angespannten Umfeld nutzen einige Vermieter und Makler Schlupflöcher oder Grauzonen aus, um Mieter finanziell zusätzlich zu belasten. Ein besonders aktueller Trick: versteckte Maklergebühren. Obwohl seit dem sogenannten Bestellerprinzip (2015) eigentlich gilt, dass derjenige den Makler zahlt, der ihn beauftragt hat – in der Regel also der Vermieter –, versuchen einige Makler dies zu umgehen. Sie bieten Mietwohnungen etwa über Plattformen nur gegen eine kostenpflichtige Registrierung an oder verlangen Service- oder Verwaltungsgebühren, die praktisch Maklerkosten ersetzen.
Wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) berichtete, fühlen sich viele Mieter machtlos gegen diese Methoden. Die rechtliche Lage ist oft unklar oder erfordert eine Klage, die sich nicht jeder leisten kann oder will. Besonders problematisch: Viele Wohnungssuchende nehmen aus Angst vor dem Verlust einer begehrten Wohnung unfaire Bedingungen in Kauf.
Ein weiteres gängiges Schlupfloch ist die Vermietung als „möblierte Wohnung“. Hier greifen die Vorschriften der Mietpreisbremse oft nicht, sodass deutlich höhere Mieten verlangt werden können. Die „Möblierung“ beschränkt sich dabei mitunter auf ein Bett, einen Tisch und zwei Stühle – rechtlich schwer zu beanstanden, aber in der Praxis ein klarer Missbrauch.
Auch Modernisierungen dienen häufig als Vorwand, um Mieten außerhalb der Preisbremse zu erhöhen. Wird eine Wohnung umfangreich saniert oder modernisiert, gelten die bisherigen Mietpreisgrenzen nicht mehr. Einige Vermieter nutzen dies, um gezielt auf teurere Mieter umzusteigen.
Die Mietpreisbremse: Wirkung und Kritik
Die Mietpreisbremse wurde 2015 eingeführt, um die rasant steigenden Mieten in besonders nachgefragten Regionen einzudämmen. Sie erlaubt es den Bundesländern, in bestimmten Gebieten festzulegen, dass bei Neuvermietung die Miete maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Ausnahmen gelten jedoch unter anderem bei umfassender Modernisierung oder bei neugebauten Wohnungen.
In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass die Mietpreisbremse oft nicht wirkt. Einerseits fehlen in vielen Fällen transparente Mietspiegel, an denen sich die ortsübliche Vergleichsmiete bemessen ließe. Andererseits werden Verstöße gegen die Mietpreisbremse kaum kontrolliert oder geahndet. Die Durchsetzung liegt beim Mieter, der eigenständig klagen muss.
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass ein erheblicher Teil der neuen Mietverträge trotz Preisbremse zu überhöhten Preisen abgeschlossen wird. Viele Mieter kennen ihre Rechte nicht oder scheuen den Rechtsweg. Damit bleibt die Bremse in der Praxis ein zahnloser Tiger.
Der Eigentümerverband Haus & Grund kritisiert die Mietpreisbremse scharf und sieht darin einen Eingriff in das Eigentumsrecht. Der Verband plant sogar eine Klage gegen die Verlängerung der Regelung. Gleichzeitig fordert er eine Stärkung des Wohnungsneubaus statt regulatorischer Eingriffe.
Auswirkungen auf den Mietmarkt
Trotz aller gesetzlichen Regelungen steigen die Mieten weiter. Besonders in Großstädten und Universitätsorten liegen die Mieten oft weit über dem Durchschnitt. Der Leerstand ist vielerorts historisch niedrig, was den Wettbewerb um freie Wohnungen zusätzlich verschärft.
Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen: Immer mehr Menschen geben einen großen Teil ihres Einkommens für Miete aus. Geringverdiener, Alleinerziehende, Studierende und Rentner trifft dies besonders hart. Für sie wird es zunehmend schwer, überhaupt noch eine Wohnung in zumutbarer Lage zu finden.
Zugleich steigt der Druck auf ländlichere Regionen im Umland der Großstädte. Pendeln wird zur Notlösung, was wiederum Verkehr und Infrastruktur belastet. Der Mietmarkt wird so zum sozialen Spannungsfeld.
Handlungsempfehlungen und Ausblick
Um die Lage zu entspannen, braucht es einen Mix aus kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen. Wichtig ist vor allem eine Stärkung der Mieterrechte. Die Durchsetzung der Mietpreisbremse muss verbessert werden, etwa durch eine Beweislastumkehr oder zentrale Meldestellen für Verstöße. Bußgelder für Umgehungstricks wie verdeckte Maklergebühren sollten erhöht werden.
Gleichzeitig muss der Wohnungsbau deutlich forciert werden. Dazu gehören schnellere Baugenehmigungen, steuerliche Anreize für den Bau bezahlbarer Mietwohnungen und die Bereitstellung von Bauflächen durch Kommunen. Auch die gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft, etwa Genossenschaften oder kommunale Wohnungsunternehmen, sollte stärker gefördert werden.
Langfristig bedarf es einer grundlegenden Neubewertung des Wohnens als soziale Daseinsvorsorge. Wohnraum darf nicht nur als Renditeobjekt gesehen werden. Eine nationale Strategie für bezahlbares Wohnen, die Bund, Länder und Kommunen gemeinsam tragen, ist dringend notwendig.
Politisches Handeln ist gefordert
Die Wohnungsnot in Deutschland ist ein komplexes Problem, das viele Ursachen hat: zu wenig Neubau, steigende Kosten, und ein regulierungsanfälliger Markt. Die Mietpreisbremse bleibt ohne bessere Kontrolle wirkungslos, während clevere Umgehungsstrategien den Druck auf Mieter weiter erhöhen. Der Mietmarkt hat sich vielerorts zu einem Spielraum für finanzielle Tricksereien entwickelt.
Was es braucht, ist ein entschlossenes politisches Handeln: Mehr bezahlbarer Neubau, gerechtere Mietgesetze, wirksamere Kontrollen und eine neue soziale Verantwortung im Umgang mit Wohnraum. Denn Wohnen ist ein Grundbedürfnis – und kein Luxusgut.