Rund siebzig Prozent der Erdoberfläche ist mit Wasser bedeckt. Daher haben die Menschen schon immer am oder auf dem Wasser gebaut. Auch heute ist die Frage des Bauens auf dem Wasser hochaktuell.
Knapper werdende Bauareale in den Städten
In den Städten wird der Wohnraum immer begrenzter. Auf der anderen Seite fallen mehr und mehr Hafenanlagen brach. Städte und Gemeinden fangen an, diese Areale mit Baugenehmigungen auszustatten.
So fällt im Bereich einer stillgelegten Hafenanlage immer öfter ein Arbeitsponton auf dem Wasser auf, mit dessen Hilfe Baufirmen Fundamente von schwimmenden Häusern unter der Wasseroberfläche anlegen.
Klimawandel und steigender Meeresspiegel
Auch der Klimawandel trägt dazu bei, dass wieder mehr darüber nachgedacht wird, Architektur und Wasserflächen in Einklang zu bringen. Bis 2100 wird erwartet, dass der Meeresspiegel um einen bis anderthalb Meter steigt. Da 80 % der Weltbevölkerung in Küstennähe wohnen, ist es notwendig, dass schon heute Konzepte entwickelt werden, mit denen ein Wohnen und Arbeiten auf dem Wasser möglich wird.
Schon 2001 entstand in den Niederlanden eine erste kleine Siedlung auf dem Wasser. Diese besteht aus einer Aneinanderreihung sogenannter Floating Houses bzw. „schwimmender Häuser“. Die Idee entsprang den tragischen Folgen eines Hochwassers, das sich 1995 im niederländischen Maasbommel zutrug. Dabei traten die Flüsse Vaal und Maas über die Ufer. 65.000 Menschen mussten ihre Dörfer und Städte verlassen. Es stellte sich heraus, dass auch verstärkte Dämme zukünftigen Hochwässern nicht mehr standhalten würden. Und so entstanden die ersten 40 modernen Häuser direkt auf dem Wasser.
Wie werden schwimmende Häuser gebaut?
Schwimmende Häuser ähneln den Bauten an Land. Nur stehen sie nicht auf festem Grund, sondern werden auf Pontons gebaut. Dabei werden die einzelnen Teilstücke mit einem Spezialkran auf die Pontons gehievt und Stück für Stück verbunden.
Das fertige Haus wird mit einem speziellen Dämpfersystem am Steg befestigt. Diagonal dazu werden wasserseitig Dalben im Grund des Flusses, Sees oder Strands eingelassen. Dabei handelt es sich um Pfähle aus Stahl, die für Stabilität sorgen sollen. Dadurch bewegt sich das Haus nur in vertikaler Richtung und es kommt zu keinen Schwankungen aufgrund wechselnder Strömungsverhältnisse. Ketten und Seile sind nicht dazu geeignet, für Stabilität zu sorgen. Sie reagieren sensibler auf starke Wellen.
Das Fundament
Für Bauten auf dem Wasser ist ein solides Fundament besonders wichtig. Es kommen dabei drei verschiedene Materialien infrage.
Holz
Findet Holz bei der Fertigstellung des Fundamentes eines schwimmenden Hauses Verwendung, ist das die vordergründig umweltverträglichste Lösung. Holz hat den Vorteil, dass der Innenbereich fast komplett nutzbar ist. Da das Fundament nicht durch störende Trennwände unterteilt ist, bietet es mehr Stauraum als andere Lösungen. Damit vergrößert sich auch der eigentliche Wohnraum.
Der Nachteil eines Holzfundaments ist der aufwändige Schutz, der aufgetragen werden muss, um die Oberfläche vor Muschelbefall, UV-Einstrahlung und anderen Umwelteinflüssen abzuschirmen. So bedarf es einer Grundierung und einer Schutzfolie, die mit Lack bestrichen wird, der die UV-Strahlung absorbiert. In der Summe vermindert eine solche Behandlung die umweltneutralen Effekte.
Metall
Metall hat den Vorteil, dass es sehr stabile Eigenschaften besitzt. Zudem ist es von der Formgebung her flexibel. Sofern Stahl verwendet wird, ist das Fundament gegen Rost zu schützen. Daher wird Aluminium bevorzugt.
Das Material ist sehr leicht, robust und belastbar. Aluminium rostet nicht, sofern es bei Fundamenten von schwimmenden Häusern in Süßwasser verwendet wird. Im Allgemeinen zeichnet sich Aluminium durch eine überdurchschnittliche Lebensdauer aus.
Beton
Bevorzugt wird allerdings Beton für den Fundamentbau verwendet. Dabei handelt es sich um große quadratische Quader, die mit Styropor oder Schäumen befüllt werden. Diese Materialien sorgen dafür, dass das schwimmende Haus nicht sinkt.
Das Fundament selbst wird aus wasserundurchlässigem Beton gegossen. Das Material zeichnet sich durch eine überdurchschnittliche Lebensdauer aus. Der Nachteil von Beton ist sein hohes Gewicht. Das schwimmende Haus muss an einem festen Liegeplatz fixiert werden und kann den Standort nicht wechseln.
Bauen auf dem Wasser – die Grundstücksfrage
Bisher werden Wasserflächen selten als Baugrundstücke ausgewiesen. Die rechtlichen Fragen sind noch nicht ausreichend geklärt. Es ist aber der Trend abzusehen, dass Wassergrundstücke in naher Zukunft in den Immobilienmarkt integriert werden.
Momentan gibt es noch kein einheitliches Genehmigungsverfahren, da der Begriff „schwimmende Häuser“ noch keinen Eingang in die Bauordnungen der Länder gefunden hat. Das macht das Genehmigungsverfahren schwierig und langwierig. Stand jetzt gibt es zwei Wege, um zu einer Baugenehmigung zu kommen. Entweder wird ein Antrag über die Vorlage eines Bebauungsplans gestellt. Oder es wird um eine Genehmigung als Schiff nachgefragt.
Es empfiehlt sich, erst einen Bauplatz zu finden und zu sichern, bevor mit der Planung und dem Bau eines schwimmenden Hauses begonnen wird. Beim Bau selbst sind sowohl Fachkenntnisse aus dem Hausbau sowie dem Bootsbau erforderlich.
Bauen auf dem Wasser – Eingriff in die Natur?
Uferböschungen gelten als ökologisch besonders sensibel. Sie sind Brutstätten und Rückzugsgebiete für Wasservögel und andere Spezies, die im und am Wasser leben. Bisher stellt sich noch nicht die Frage, inwiefern mit einem schwimmenden Haus die Umwelt belastet wird.
Die überaus große Mehrheit der Bauten auf dem Wasser erfolgt in alten Hafenanlagen, Industriebrachen und aufgegebenen Gewerbeflächen. Es ist also so, dass an diesen Standorten ein schwimmendes Haus die Umgebung eher aufwertet und wertvolle Kulturräume entlastet denn belastet!
Fotonachweis:
Floating House: Daniel Hartwig DSC_0441 – CC BY 2.0
Richard Eriksson Floating house with a 360 degrees balcony – CC BY 2.0
GeorgeTan#1…Off permanently chinese architecture – floating tea house @ chinese garden – Public Domain Mark 1.